Montag, 21. Mai 2007

Networking oder Spamming

Die Unterschiede sind fließend und die Grenzen verwaschen. Aus der Sicht des Power-Networkers ist alles ganz einfach - jeder neue Kontakt ist eine Verlängerung der Informationsreichweite und beschert sofort einen größeren Informationshebel.

Die fleißigsten Visitenkärtchen-Sammler von einst sind heute die sogenannten Power-Networker, die sich selbst gerne mit der Anzahl der Kontakte auf allen erdenklichen Netzwerk-Plattformen im Internet schmücken. Xxx Kontake auf Xing, yyyy Kontakte auf LinkedIn oder weiteren Platformen. Masse statt Klasse!
Hand aufs Herz, wer kann schon mehr als ein paar Hundert Kontakte sinnvoll bedienen?

Mit individueller Ansprache und Kenntnis der Kontakthistorie schafft das noch nicht einmal der Papst… und der hat ein geweihtes, großes Netzwerk.

Redundanzen machen Sinn – aber ob man die gleiche Nachricht aus 3 oder mehr Kanälen benötigt, meist sogar vom gleichen Adressat, bleibt fraglich. Sind es wirklich die 0,2 Promille der Ahnungslosen, die noch diese Massen-Newsletter anklicken oder sich zu sinnlosen Veranstaltungen ködern lassen?

Egal - dabei sein ist alles und wer dabei sein will hat längst einen funktionierenden Spam-Filter, der das tägliche Angebot zuerst durchliest und sortiert. Da sind ein paar eMails mehr oder weniger nicht entscheidend und so steigt die Flut der ungewollten Netzwerk Nachrichten exponentiell an.

Ein Trend scheint aber bis dato ungebrochen – die Super Netzwerker der Nation sind alle nicht im Forbes Index verzeichnet oder glänzen durch Reichtum und Wohlstand. Also scheint die Kontaktausbeutung nicht so lukrativ zu sein, wie lauthals postuliert wird. Sind die Power-Networker also nur missbrauchte Vertriebs-Soldaten, die niemals Ihren reichen Sold erhalten sollen? Nun, betrachtet man die Erfolgsgeschichten des letzten Jahres so wird deutlich, dass am Verkauf von StudiVZ die Gründer und die Business Angels satt verdient haben, aber ein Power Netzwerker fand sich nicht unter den Gewinnern. Und doch – geht alles nur um die Zahl der Kontakte, aber an ganz anderer Stelle als vermutet. Wieso denn 10000 Kontakte eines Power-Netzwerkers nutzen, wenn man gleich die ganze Datenbank kaufen kann?! So dachten wohl auch die Manager von Holtzbrinck und haben sich nach einem gefloppten Ausflug mit Handelsblatt.net auf Basis der openBC Plattform nun einfach den ganzen Kuchen einverleibt. Jetzt will man den 400-700000 Studenten mit Werbung einheizen und die Kaufsumme von 70 Mio Euro vergolden. Interessant ist, dass Xing an der Börse (nur) ~30 Mio EURO kapitalisieren konnte. Da ist der Jamba Trick der Samwer Brüder ein weiteres Mal aufgegangen.

Ob nun Masse vor Klasse rangiert und schnell wachsende Communities vom Schlage Facebook mit Ihren spam-artigen, exponentiellen Einladungswellen am Ende alleine das Geschäft machen oder ob die gigantischen Adressgräber wie myspace oder friendster die mit viel PR Geld angestachelten Second life Hysterien noch stoppen können bleibt abzuwarten. Das Rennen hat doch gerade erst begonnen und wer weiß, wo die Ziellinie ist und ob dann nicht wieder Google kommt und das Geschäft endgültig abkassiert. Ob Googles 1,6 Milliarden Dollar bei youtube gut investiert waren, darf indes bezweifelt werden. Aber wer weiß, was da noch im petto liegt - evtl. Google TV? Vielleicht wird ja kurzer Hand Viacom für eine Fantastilliarde gekauft und die Probleme und Klagen lösen sich in Luft auf. Wundern würde es mich nicht. Oder wir streben einer Liberalisierung der Internet Videos und Fernsehaufzeichnungen entgegen, da die BBC seit kurzem bereits Youtube die Nutzung ausgewählter BBC Programme gestattet. BBC sieht es anscheinend eher wie Google – mehr Werbung als Konkurrenz.
Sollte man nicht gleich mal ein paar Aktien kaufen? … von Google???